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Neues aus Deutschneudorf

Begonnen von intravenoes, 07.02.2008 - 21:05

# Harras

Harras
    • Mitglieds ID: 15
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  • 1

Geschrieben 06.03.2008 - 11:02

Hier endlich ein professionell recherchierter Artikel von Gideon Böss,
gefunden in WELT ONLINE. DANKE für diesen super Artikel!!!
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Befindet sich Hitlers Grab im Erzgebirge?

Deutschneudorf macht das ganze Land verrückt. Die Suche nach dem Bernsteinzimmer musste zwar vorerst erfolglos abgebrochen werden,
dennoch hofft man in dem verträumten Erzgebirgs-Ort weiterhin auf den ganz großen Nazi-Fund.

Wann hat das endlich ein Ende? Schon wieder nervt Deutschneudorf alle mit dem Versuch, sich in die Öffentlichkeit zu drängen. Der neuste Streich nahm seinen Anfang damit, dass dem Bürgermeister Heinz-Peter Haustein angeblich ein Engel mit Seitenscheitel erschienen war, der ihm verriet, wo sich das Bernsteinzimmer befindet. Und zwar in Deutschneudorf. Sofort klingelte der Bürgermeister die Presse zusammen, und dann ging auch schon das Buddeln und Graben los.

Doch aktuelle bundesweite Umfragen belegen: Niemand interessiert sich mehr für dieses hyperaktive Dorf. Zu oft schon hat es die Neugierigen enttäuscht. Alle zwei, drei Jahre lässt der nervigste Ort Deutschlands von sich hören. Wie etwa 2001, als der Goldrausch ausgerufen wurde, knapp ein Jahr nach dem ausgebliebenen Ölboom. 1999 schaffte es Deutschneudorf immerhin in die Tagesschau, weil es als erste nichtmuslimische Ortschaft die Sharia einführte. 2005 wurde medienwirksam die Vermutung geäußert, unter der alten Eiche auf dem Marktplatz würden die Gebeine Jesu liegen. Der 400 Jahre alte Baum wurde von Oliver Geissen gefällt. Darunter befanden sich allerdings nur die Gebeine Adolf Hitlers, die bei näherem Hinsehen Ähnlichkeiten mit Tini Plate offenbarten. Dennoch wirbt Deutschneudorf seitdem mit dem Slogan: „Hier liegt der Hund begraben!“

Hier tobt der Reformationskrieg
Warum müht sich dieses 114-Seelen-Dorf so sehr, in die Nachrichten zu kommen? Eine Besichtigung des Dorfes lässt den Besucher erschaudern. Auf den ersten Blick sieht es aus, wie es eben in der Dritten Welt so aussieht: Dächer sind teilweise abgedeckt, Frauen tragen das Wasser in Kanistern vom Brunnen nach Hause und die Männer kämpfen auf einem nahen Hügel gegen die Männer aus Deutschaltdorf. Nicht immer kommen alle lebend zurück. Hier tobt der Reformationskrieg noch so unerbittlich wie vor Jahrhunderten. Und doch, wenn man sich erkundigt, wie denn die eingefallene Kirche heißt, bekommt als Antwort ein trotziges: Sixtinische Kapelle. Der unbefestigte Feldweg geht als Champs-Élysées durch und Bürgermeister Haustein nennt sich Kennedy. "Der Größenwahn ist hier Primärtugend", hat schon Alexis de Tocqueville auf seiner legendären (Durch-)Reise vor mehr als 160 Jahren festgestellt. Während der Bürgermeister im Reichtum schwimmt, stellt der Rest des Dorfes die verarmte Unterschicht da. Im Umkreis von 100 Kilometern ist Haustein der einzige, der ein Liechtensteiner Konto besitzt. Außerhalb seiner Prachtvilla hat die Armut das Dorf fest im Griff. Kinder wollen den Journalisten Schrumpfköpfe verkaufen. "Wollen sie den Schädel des ehemaligen Deutschaltdorfer Grundschuldirektors? Ideal für ihr Schlüsselbund", piept ein kleines Mädchen, das auch einen Metzger, zwei Hausfrauen und eine komplette Fußballmannschaft im Angebot hat.

Pyramiden unter Deutschneudorf?
Eigentlich hat Bürgermeister Haustein schon so ziemlich alles für Deutschneudorf reklamiert: 1991 waren es Yetis (in einem nahen Tal), ein Jahr später Jedis (in einer alten Hütte), im Frühjahr 1994 wurde von Seeungeheuern im Dorfweiher berichtet, im Herbst von Aliens, das Bernsteinzimmer ließ Haustein auch schon dreimal (1995, 1998, 2003) an diversen Stellen suchen, 1997 ließ er den Wald umgraben, fand die Arche Noah aber trotzdem nicht, auch die verschollenen Beatles-Platten blieben weiterhin verschollen (1999). Im Jahr 2000 legte er vor seinem Haus die Überreste des angeblich ältesten Menschen, der je gefunden wurde, frei (die Polizei ermittelt trotzdem weiterhin wegen Mordes), 2006 war er sich sicher, dass unter dem nahen Hügel eine Pyramide versteckt ist.

All diese Rückschlägen konnten seine Euphorie nicht bremsen, und so steht er jetzt wieder vor den Kameras der Boulevardsender und erklärt, wie "schicksalhaft für unser alle Zukunft" diese Bohrungen sind. Doch wenn man die geknechteten Bewohner fragt, was ihnen am wichtigsten wäre, hört man nicht den Wunsch "dass das Bernsteinzimmer tatsächlich hier gefunden wird.", nein, man hört ein ganz schlichtes, ein ganz menschliches: "Ruhe, nur Ruhe. Und einen neuen Bürgermeister, damit wir 18 Jahre nach allen anderen auch endlich in der Demokratie ankommen können." Doch danach sieht es nicht aus, der rüstige Haustein lässt schon mal durchblicken, was als nächstes "entdeckt" wird: "Niemand weiß ja, wo Atlantis einst stand", erklärte er und blickte dabei auf ein offenes Feld vor den Toren Deutschneudorfs.
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Quelle: http://www.welt.de/satire/article1740212/B...Erzgebirge.html