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Das archäologische Debakel von Rülzheim

Begonnen von Eckbert, 19.02.2018 - 16:37

# Ray

Ray
    • Mitglieds ID: 13.061
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Geschrieben 21.02.2018 - 09:11

Guten Morgen!

 

Ein, wie ich finde, MEGA schlechter Bericht von Prof. PD Mag.Dr. Raimund Karl FSA FSAScot MCIfA!

 

Ich nehme diese Meinungsäußerung zur Kenntnis. Schade, dass er Dir nicht gefällt.

 

 

 

Ich habe schon einige Berichte von Ihm gelesen, in denen er sich oft Pro Sondengänger "outet".

Entweder hat er nun eine Gehirnwäsche erhalten oder seine Ansichten geändert - oder aber er macht es wie die Politiker und dreht sein Fähnchen je nach Windrichtung .

 

Danke, ich habe keine Gehirnwäsche erhalten und drehe auch mein Fähnchen nicht je nach Windrichtung. Wenn man den Beitrag zum Urteil im Fall "Rülzheim" durchliest, sollte auch deutlich erkennbar sein, dass sich meine Kritik gegen die GDKE-RP und ihr Vorgehen in diesem Fall richtet. Die Frage des Sondelns wird in ihm gar nicht diskutiert; und auch nicht die Frage, ob Herr Czerny nun irgendeine Bestimmung des DSchG-RP gebrochen hat. Dass er sich allerdings der Unterschlagung gem. § 246 StGB schuldig gemacht hat, steht durch das inzwischen wohl rechtskräftige Urteil des LG Frankental fest; und da gibt es auch keinen Grund, irgendetwas dran schönzureden: dass der Fund jedenfalls wenigstens ein Schatzfund im Sinne des § 984 BGB war, muss jedem klar sein, womit auch klar war, dass er gem. § 965 Abs. 2 BGB meldepflichtig war und dem Grundeigentümer die Hälfte des Werts des Schatzes zusteht. Man kann jetzt drüber diskutieren, ob die Fundmelde- und -eigentumsregelungen des BGB sinnvoll sind, aber dass die gelten steht hoffentlich außer Frage.
 

 

 

Hier nur ein Zitat von vielen aus seinem Text, was mir nicht so wirklich schmeckt!

 
"...sondern aus fachlicher Sicht sind die unsachgemäß durch SchatzsucherInnen geborgenen Funde wissenschaftlich auch praktisch völlig wertlos (siehe dazu z.B. Kriesch et al. 1997, 26). Wir brauchen also die Schatzsucherfunde eigentlich gar nicht, sondern sie stellen, wenn überhaupt, eine Belastung für uns dar."
 
Aha.
Da erinnere ich mich an einen Bericht in dem er glasklar formuliert, dass Funde die von Sondengängern überwiegend oder gar fast außschließlich in der Pflugschicht gemacht werden - fast keine archäologische Relevanz haben - da würde katalogisieren ausreichen und fertig.
Jetzt brauchen sie die Funde noch nicht mal mehr und diese Funde stellen auch noch eine Belastung dar?! :stupid: :arsch:

 
Genau, Sondlerfunde stammen hauptsächlich aus der Pflugschicht.

Der Fund im konkreten Fall "Rülzheim" allerdings nicht, der stammt aus einem ca. 1 Meter tiefen Loch mit ca. 60 cm Durchmesser im Wald. Da is nix mehr mit Pflugschicht.

Ansonsten gebe ich an dieser Stelle in meinem Text die Fachmeinung wieder (darum auch der Verweis auf Kriesch et al. 1997), dass aus ihrem Fundkontext gerissene Funde (wie der von "Rülzheim") als wissenschaftlich weitgehend wertlos betrachtet werden. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich der Ansicht bin, dass es bei Sondlerfunden gänzlich ausreicht, "sie zu katalogisieren und fertig", weil wir diese Funde in erster Linie nur für die Lokalisierung von zuvor noch fachlich unbekannten Fundstellen, die möglichst genaue Datierung noch nicht ausgegrabener Fundstellen und für klein- und großräumige Fundverbreitungsanalysen brauchen. Dafür genügen in der Regel die Informationen über den Fund (Beschreibung der Art und Form des Fundes, Foto, möglichst genaue - idealerweise dreidimensiolane - Koordinaten des Fundorts). Den Fund selbst brauchen wir nicht.

Diskutieren tue ich das im Kontext einer Besprechung von staatlichen Schatzregalen, d.h. gesetzlicher Regelungen zur Aneignung von Funden von Kulturgütern durch das Land, wie in § 20 Abs. 1 DSchG-RP vorgesehen; und warum dieses im konkreten Fall nicht greifen konnte. Weil § 20 DSchG-RP sagt, dass nur Funde von "besonderem wissenschaftlichen Wert" unter das staatliche Schatzregal fallen; und man kann nicht gleichzeitig argumentieren, dass Funde aus einer unsachgemäß durchgeführten Fundbergung "wissenschaftlich praktisch völlig wertlos" (Kriesch et al. 1997) und "von besonderem wissenschaftlichen Wert" seien.

Was ich damit sage ist also: entweder die archäologische Fachmeinung ist richtig, dass solche Funde "wissenschaftlich wertlos" sind, dann kann man bei Sondlerfunden das staatliche Schatzregal des DSchG-RP nie anwenden und es gilt für diese Funde immer § 984 BGB; oder man kann das staatliche Schatzregal auf solche Funde anwenden, dann muss zwingend die Fachmeinung, das Sondlerfunde "wissenschaftlich wertlos" seien, falsch sein. Beides gleichzeitig kann nämlich nicht stimmen, weil sich das gegenseitig ausschließt.

Und es ist tatsächlich meine Meinung, dass "Eure" Funde - d.h. die körperlichen Sachen selbst, die ihr findet - für uns eine Belastung sind, wenn wir uns sie im Wege eines staatlichen Schatzregals oder auf anderem Weg systematisch aneignen. Wir brauchen eben - wie ich auch schon oft gesagt habe - nur die Information über die Funde, nicht die Fundgegenstände selbst. Wenn wir Euch alle Eure Funde wegnehmen und in staatliche Sammlungen legen würden, dann würden diese staatlichen Sammlungen nur noch viel schneller und ärger aus allen Nähten platzen, als sie das schon derzeit weitgehend ohne Eure Funde tun. Nehmen wir Euch die ab, macht uns das nur Schwierigkeiten: wir müssen Lagerplatz bereitstellen, für die Konservierung von all den Fundsachen sorgen, Personal dafür abstellen, sie zu verwalten, archivieren, immer wieder revisionieren, interessierten Bürgern Zugang dazu zu geben, etc., und für all das haben wir schon in Bezug auf unsere eigenen Funde viel zu wenig Geld und sonstige Ressourcen.

Euch auch noch Eure Funde abnehmen zu wollen, die wir noch dazu als Fach für weitgehend "wissenschaftlich wertlos" halten, ist also widersinnig und dumm.

Das ist, worauf mein Argument hinausläuft. Und es ist genau das selbe Argument, das ich schon seit Jahren führe: wir brauchen die Information über die Funde, nicht die Funde selbst, die Ihr Euch meinetwegen gerne behalten könnt.
 

 

Was hätten die Damen und Herren denn die letzten 20 Jahre spektakuläres vorzuweisen, wenn es keine Sondengänger geben würde? GAAAARNNNNNIIIIXXXXXXXXXX !!!!!!!!!!!!   Okay, das war jetzt übertrieben - es wären bestimmt schon mindestens 4 Knochen, 3 rostige Nägel und 20 Tonscherben zusammen gekommen.......


Ja, das war jetzt eher sehr übertrieben.

Bei der durchschnittlichen Rettungsgrabung in Deutschland und Österreich - von denen es jedes Jahr in diesem Raum insgesamt wohl ungefähr 7.000-8.000 gibt - finden wir - neben den für uns eigentlich wichtigen Befunden, die unserer Ansicht nach in der Regel das wirklich sensationelle sind - wohl so um die durchschittlich 2.000 bewegliche Kleinfunde. Das sind, hochgerechnet, irgendwo zwischen 14 und 16 Millionen Kleinfunde im Jahr aus solchen Grabungen.

Die überwältigende Mehrheit davon stammt aus dokumentierten Fundzusammenhängen, d.h. z.B. aus Gräbern, wo wir nicht nur die Kleinfunde haben, sondern auch das Skelett, die Spuren des Sarges, nichtmetallische Beigaben wie ganze (wenn auch zerscherbte aber wieder zusammensetzbare Tongefäße, deren Inhalt wir auch mit modernen naturwissenschaftlichen Analysemethoden untersuchen und damit wenigstens ungefähr feststellen können), und wir wissen auch aufgrund der genauen Diskussion wo welche Sache genau im Grab gelegen hat, also ob das eventuell gefundene Schwert an der linken oder rechten Körperseite gelegen ist, ob die Goldperle, die vielleicht drinnen war, eine Schwertperle, eine Perle an einer Halskette oder eine in einem Beutel an der Hüfte befindliche oder als dessen Verschlussmechanismus dienende Perle oder aber eine im Haar des Toten eingeflochtene Perle war; etc., etc., etc. Wir haben ganze zusammengestürzte Häuser darunter, mit dem Großteil des beim Zusammensturz des Hauses noch in diesem befindlichen Hausrats, von dem wir auch wissen, was wo in diesem Haus gewesen sein dürfte; und so weiter, und so fort. Bei dem, was wir finden, ist so viel "Spektakuläres" dabei, dass wir gar nicht wissen, wo wir damit anfangen sollen, das alles auch nur ordentlich auszuarbeiten und auch gar nicht die Zeit haben, wegen jedem weiteren solchen Grab einen Medienrummel zu veranstalten, weil das unser täglich Brot und daher für uns auch gar nicht mehr wirklich "spektakulär", sondern Alltagsgeschäft ist.

Dem stehen - hochgerechnet - etwa ebenso viele von Euch Sondlern alljährlich entdeckte Bodenfunde gegenüber, von denen die überwältigende Mehrheit aus der Pflugschicht stammt und daher nicht einmal mehr in einem besonders signifikanten Befundzusammenhang war, als ihr sie aus dem Boden geholt habt, ihr diesen - wenn es ihn zufälligerweise doch gegeben haben sollte - auch nicht dokumentiert habt, uns vom mehr als 90% Eurer Funde auch nicht einmal sagt, dass Ihr sie gefunden habt; und von denen noch dazu wohl um die oder sogar über drei Viertel zerschredderte, moderne Metallfragmente (vulgo "moderner Schrott") sind.

Bei aller Wertschätzung jener von Euch, die Ihre Freizeit dafür opfern, über die Äcker und durch die Wälder zu laufen und jene beweglichen Metallkleinfunde zu bergen, die in der Pflugschicht oder im organischen Oberboden im Wald liegen und dort mehr oder minder rasch durch Pflug, Harvester und diverse Bodensäuren ruiniert werden - was meiner Meinung nach eine wichtige und wertvolle Tätigkeit ist - sollten wir besser nicht anfangen, archäologische Schwanzlängen zu vergleichen; und zwar in Eurem Interesse, weil bei dem Vergleich würdet ihr eher schlecht abschneiden. Das einzige, was ihr häufiger findet als wir, sind "spektakuläre Schatzhortfunde" wie den von "Rülzheim"; und das liegt nicht daran, dass wir das nicht könnten, wenn wir wollten, sondern daran, dass die Suchmethode, die ihr verwendet, die Wahrscheinlichkeit solche "Schatzhorte" zu finden im Vergleich zu den systematischen archäologischen Ausgrabungen auf Baustellen, was auch immer dort vorkommen mag, die wir normalerweise durchführen, bedeutend erhöht. Und wir führen diese systematischen Ausgrabungen durch, weil wir eigentlich an "spektakulären Schatzhortfunden" wie jenem von "Rülzheim" gar nicht besonders interessiert sind, sondern retten wollen, was dort, wo sie sonst durch Bauarbeiten zerstört würde, noch an archäologischen Spuren im Boden vorhanden ist.

So gesehen: es gibt eigentlich keinen Grund, miteinander zu konkurrieren und sich gegenseitig anzufeinden, sondern weit sinnvoller wäre ein konstruktives Miteinander. Und für dieses konstruktive Miteinander kämpfe ich schon seit langem, auch im Fall des Dir nicht gefallenden Artikels, den Du entweder nicht genau genug gelesen oder einfach nicht verstanden hast.
 

 

Lasst die Leute endlich auf den Äckern suchen, ohne Schein, Genehmigung etc. Freut euch wenn jemand Funde zum Museum bringt oder euch bei einem wichtigen Fund anruft. Aber nein, das geht ja nicht, weil die staatliche Gier in diesem Land einfach unersättlich ist.


Genau das ist es, was ich in meinem jüngst an den zuständigen österreichischen Minister übermittelten Vorschlag für eine Änderung der archäologischen Bestimmungen des österreichischen Denkmalschutzgesetzes angeregt habe. Du kannst ihn hier nachlesen: https://www.academia.edu/35740518/Vorschlag_zur_%C3%84nderung_der_arch%C3%A4ologischen_Bestimmungen_des_Denkmalschutzgesetzes_DMSG. Der enthält sogar einen Vorschlag zur Neuregelung des Eigentumserwerbs an Funden, bezüglich dessen ich vorschlage, dass der Finder eines archäologischen Denkmals, der es bei seiner Entdeckung ordentlich dokumentiert und das auch dem Bundesdenkmalamt samt Übermittlung einer Kopie der Dokumentation gemeldet hat, zum alleinigen rechtmäßigen Eigentümer aller seiner derart dokumentierten und gemeldeten Funde wird. Also nix staatliche Gier, nicht einmal Hälfteanteil für den Grundeigentümer, sondern freies Aneignungsrecht für den ehrlichen Finder...

Liebe Grüße,

Ray

Guten Morgen!

 

Ein, wie ich finde, MEGA schlechter Bericht von Prof. PD Mag.Dr. Raimund Karl FSA FSAScot MCIfA!

 

Ich nehme diese Meinungsäußerung zur Kenntnis. Schade, dass er Dir nicht gefällt.